14.07.2009 | Von Thomas Morgenroth | Morgenroth.Thomas@dd-v.de

Die großen und kleinen Ritter vom Schloss Kleinstruppen

Der Herrensitz wurde einst vom Deutschen Ritterorden gegründet. Später erlangte er als Königlich-Sächsisches Soldatenknabeninstitut Berühmtheit.

Fotos: Wolfgang Wittchen (4) Der Struppener Architekt Dirk Ihlenfeldt ist der Sprecher des Kunst- und Handwerkerforums Schloss Struppen, das das Schloss Kleinstruppen sanieren und beleben will. Erster Erfolg der ehrenamtlichen Baumaßnahmen ist die Wiedere

Der Struppener Architekt Dirk Ihlenfeldt ist der Sprecher des Kunst- und Handwerkerforums Schloss Struppen, das das Schloss Kleinstruppen sanieren und beleben will. Erster Erfolg der ehrenamtlichen Baumaßnahmen ist die Wiederentdeckung des rund 120 Quadratmeter großen Rittersaals (links). Der Wendelstein (Mitte) führt bis auf den mehrstöckigen Dachboden. Der Bär (rechts) ist das Wappentier.

Der Sensenmann ist motorisiert und metzelt die zarten Blüm­chen auf den Wiesen vor dem Schloss Kleinstruppen nieder. Wei­ße Tupfen im Einheitsgrün werden nicht geduldet. Lärmend zer­manscht die vom Menschen ge­führte Maschine die impressionisti­schen Tupfer zu einem Brei, den ei­ne Gehilfin mittels Harke von den Flächen entfernt. Schöner ist der Rasen hinterher keinesfalls, auch nicht grüner, genügt mit seinem Kurzhaarschnitt aber dem deut­schen Ordnungssinn, dem stets et­was Militärisches anhaftet.

Das wiederum passt zum Schloss, jedenfalls zu beinahe einhundert Jahren seiner Geschichte. 1822 kaufte der sächsische Fiskus das Anwesen von den Rayskis, einer ur­sprünglich polnischen Adelsfami­lie, für 72 000 Taler. Nicht, um dem König eine weitere Residenz zu ver­schaffen, sondern um ein Soldaten­knabeninstitut für 80 Zöglinge ein­zurichten, ein Königlich-Sächsi­sches, versteht sich. Tatsächlich war ab 1894 Sachsens künftiger letzter König, Friedrich August III., damals im Range eines Generalma­jors, Inspektor der Einrichtung, die neben der militärischen auch eine soziale Komponente hatte.

 

Schlafsäle unterm Dach

Als die Erziehungsanstalt 1920 we­gen der Bestimmungen des Ver- sailler Vertrages aufgelöst werden musste, hatten in Kleinstruppen mehr als 6 000 Halbwaisen oder Waisen ehemaliger Soldaten ihr Rüstzeug für ein berufliches Leben in der Wirtschaft,–der Landwirt­schaft, im Staatsapparat und natür­lich im Militär bekommen. Ihre täg­lichen Appelle hielten sie übrigens auf dem Platz vor dem Schloss ab, eben da, wo gerade noch der weiße Klee in Massen blühte.

Vor dem Bau eines größeren Ge­bäudes, in das die Knaben 1832 um­zogen, wohnten sie unter dem ge­räumigen Dach des Schlosses. Dort­hin gelangten die jungen Männer und heute die Besucher über einen schönen Wendelstein, der aus der Zeit der Renaissance stammt. Die einstigen Schlafsäle sind noch in Andeutungen zu erkennen.

Für den Struppener Architekten Dirk Ihlenfeldt sind jedoch auch angeschuhte und reparierte Balken eine Attraktion. „Das Dach wurde kurz nach der Wende komplett in­stand gesetzt“, sagt der 42-Jährige. „Ein Glücksfall.“ Ihlenfeldt ist im Vorstand des Vereins Kunst- und Handwerkerforum Schloss Strup­pen, der sich um eine lebendige Perspektive des in den Grundfesten mittelalterlichen Gebäudes be­müht. Ein schwieriges Unterfan­gen, räumt Ihlenfeldt ein. Die Kos­ten für die Sanierung des seit Jah­ren leer stehenden Schlosses wer­den auf 1,2 Millionen Euro ge­schätzt.

Das Geld hat weder die Gemein­de als Eigentümer noch der Verein. Dieser aber hat Ideen, Visionen und Mitglieder mit Tatendrang. Nac h dem ersten Schlossfest vor einem Jahr sehen die Räume heute zwar noch zerstörter aus. Das aber muss so sein, sagt Ihlenfeldt: „Wir reißen das wieder raus, was vor allem im 19. und 20. Jahrhundert eingebaut wurde und nicht ins Schloss ge­hört.“ Wohn-, Schlafzimmer- und Kinderzimmerwände zum Beispiel, Zwischendecken oder auf altes Par­kett geklebten l’VC-Fußbodenbelag mit aufgedrucktem Parkettmuster.

Wie kommt man hin?

Mit dem Bus und der Bahn: Von Dres­den aus gibt es keine Buslinie, die di­rekt bis Struppen führt. Günstig ist die Fahrt mit der S-Bahn bis Pirna oder Königstein. Nach kurzem Fuß­weg vom Bahnhof zur Bushaltestelle (ca. 5 Minuten) fährt man mit dem Regionalbus Linie 241 bis Struppen, Haltestelle Mitte.

Mit dem Auto. Von Dresden kommend ist unbedingt die Umleitung ab Pirna über die B 172 zu beachten, die Orts­durchfahrt in 01796 Struppen ist we­gen einer Baustelle gesperrt. Die Fahrt geht deshalb bis zum Kreisver­kehr hinter Struppen-Siedlung und dort links weg nach Struppen. Am Schloss gibt es Parkplätze. (SZ/th)

 

Herrensitz und Möbellager

Plötzlich werden die Räume wieder weit, ein Rittersaal ist erkennbar, ein Kaminzimmer. Herrschaftliche (iroß/.iigigkeit lässt sich so wieder erahnen, der einstige feudale Glan/ hingegen isl wohl für immer ver hlasst. So spartanisch wie heute könnte es am Anlangder Geschieh te des Schlosses ausgesehen haben, als Wehrhall i)‘,keil ikh Ii melu /.ilil te als höfischer Prunk. Der Deut­sche Ritterorden, weiß Vereinsmit­glied und Lokalchronist Peter Hen- ze, hat das Herrenhaus aus hartem Struppener Sandstein gebaut. Der Sage nach steht es auf den Grund­mauern eines Nonnenklosters.

Als erster Nachfolger der Deutschritter wird 1412 ein Nickel von Gorbitz genannt. Später gehö­ren Schloss und Gut Kleinstruppen unter anderem den sächsischen Adelsfamilien Bernstein, Carlowitz, und Schönberg. Im 20. Jahrhundert ist es Kindererholungsheim, SA- Führerschule, Wohnhaus, Möbella­ger. Jeder werkelt daran herum, ein Sammelsurium der Baustile ist die Folge: Romanik, Gotik, Renais­sance, Barock, Klassizismus, sozia­listische Moderne.

Nach den gescheiterten Plänen der Kommune, im Schloss eine Kin­dertagesstätte oder das National­parkhaus Sächsische Schweiz, das jetzt in Bad Schandau steht, einzu­richten, setzt der Verein nun auf heimische Künstler und Kunst­handwerker als Mieter. „Wir den­ken an offene Ateliers“, sagt Ihlen­feldt, „mit Angeboten zum Zu­schauen und Mitmachen.“

Was der rührige Verein damit meint, will er am Sonnabend in ei­nigen Beispielen zeigen. Zum Glück gehören weder das Exerzie­ren noch das übermäßige Frisieren der Natur zu Ihlenfeldts Favoriten.

Fritz siegt in Struppen

Preußens König Friedrich II. war der prominenteste Bewohner des Schlosses Kleinstruppen. Er blieb allerdings nur eine Nacht.

Preußens König Friedrich II. auf einem Gemälde von Anton Graff.

In der Nacht vom 28. auf den 29. August 1756 ließ Preußens Kö­nig Friedrich der Große, seine Truppen in das Kurfürstentum Sachsen einmarschieren und löst damit den Siebenjährigen Krieg aus. Die sächsische Ar­mee nimmt im Rittergut Kleinstruppen ihr Haupt­quartier. Feldmarschall Friedrich August Graf Ru- towski, Sohn Augusts des Starken, lässt seine 18 000 Mann auf den Struppener Höhen Stellung beziehen, um die Preußen auf ihrem Weg nach Böhmen auf­zuhalten.

 

Nicht nur der Feldherr, auch Kur­fürst Friedrich August II. soll in je­nen Tagen im Schloss Kleinstrup­pen logiert haben, als Gast des Majors Johann Adolf von Rayski, seit 1737 Besitzer des Anwesens. Er stammt aus Polen und steht in sächsischen Diensten.­

Am 10. September 1756 wird die kursächsische Armee von den mit mehr als 50000 Mann zahlenmä­ßig deutlich überlegenen preußi­schen Truppen eingeschlos­sen. Aber Rutowski kapitu­liert nicht, er hofft auf die Hilfe der Österreicher, die jedoch von den Preu­ßen am 1. Oktober im böhmischem Lobositz geschlagen werden. Das ist auch für die sächsische Armee das Ende, sie gerät in preußi­sche Gefangenschaft. Am 16. Oktober 1756 wird in Preußens König Kleinstruppen der Waf- Friedrich II. auf fenstillstandsvertrag un- einem Gemälde terzeichnet. Von Sach- von Anton Graft, sens Kurfürsten und Preußens König, der sich, so weiß es der Struppener Lokalhis­toriker Peter Henze, im Schloss ein­quartiert haben soll.

Wahrscheinlich blieb der Alte Fritz aber nur eine Nacht – sein Feldzug war ihm wichtiger als ein Wanderurlaub in der Sächsischen Schweiz. Da hat er etwas verpasst.

Das Schloss Kleinstruppen öffnet am Sonnabend

Das Kunst- und Handwerkerforum Schloss Struppen lädt am Sonnabend von 11 bis 18 Uhr in das Schloss Kleinstruppen ein, das sonst nicht der Öffentlichkeit zugänglich ist. Der Eintritt von einem Euro pro Erwachsenem kommt der Sanierung des Gebäudes zugute. Angeboten werden Führungen und Vorträge. Im Erdgeschoss zeigen Künstler und Kunsthandwerker ihr Können. Darunter ist mit dem Pirnaer Bildhauer Enrico Lichtenberger der Vorsitzende des Vereins. Eingeladen sind zudem die Maler Carsten Watol aus Lauenstein und Andrea Moliere aus Lohmen, der Metallbauer Frank Martin aus Pirna sowie die Keramikerin Silke Rötzschke aus DorfWehlen. (SZ/th)

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Schlossverein Struppen e.V.

Kirchberg 6, 01796 Struppen

Telefon: 035020 75816

Mail: post@schloss-struppen.de

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